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Ich verbringe einen Teil meiner Sommerferien in der Nähe von Madrid. Im Sommer 2009 habe ich mir schließlich vorgenommen auch Deep Sky Beobachtungen zur Neumondzeit zu machen. Dazu wollte ich einen Standort mit dunkelstem Nachthimmel, der mir gerade noch erreichbar schien, besuchen. Zunächst suchte ich per Google Earth mit Lichverschmutzungslayer einige Standorte aus. In die nähere Auswahl fielen Orte wie Tragacete oder der Puerto de Cubillo. Sie waren außerhalb des "blauen Bereichs", d.h. von Lichtverschmutzung weitestgehend ausgeschlossen. Diese Orte sind aber recht weit weg von Madrid. So entschloss ich mich schließlich in der näheren Umgebung etwas genauer um zuschauen. Dazu suchte ich alternative Lichtverschmutzungskarten, die eine bessere Auflösung versprachen und traf auf die Karten von AVEX. Diese Karten zeigten die Umgebung von Huete weitestgehend von Lichtverschmutzung befreit, was sich auch in etwa bestätigte. Bei der Erkundung via INTERNET stieß ich dann auf eine Seite, die zum einen ein Teleskoptreffen ankündigte und zum anderen einen komfortablen Beobachtungsplatz mit Schutzbauten und Toilette versprach. Es handelt sich hierbei um den Vereinsstandort des Astronomievereins AAM [1] aus Madrid. Der Platz ist aber bis auf das Sternwartengelände für jedermann zu jeder Zeit frei zugänglich.

Am Neumondabend im August 2009 traf ich nach ca. 1h 15min Autofahrt dort ein. Es sind lediglich zwei Ortschaften am Ende zu durchqueren, so dass es zügig vorging. Am Ende verbrachte ich dort vier Nächte.

Bonilla ist ein sehr kleines Dorf in der Nähe von Huete. Etwa 1-2 km außerhalb des Dorfes abgeschirmt von direktem Licht befindet sich der Beobachtungsplatz. Er ist über einen staubigen Feldweg erreichbar, der bereits im Ortskern ausgeschildert ist.

Dort eingetroffen, traf ich zunächst niemanden an. Ich schaute mich schließlich um und erklomm den Hügel in der Nähe an dem der Feldweg endete. Dort fand ich schließlich eingezäunt ein weiteres Gelände auf dem sich zwei Gebäude befanden, von dem mindestens eines wohl eine Sternwarte sein musste. Nach Sonnenuntergang traf schließlich ein Geländewagen ein und der Fahrer - wie sich später herausstellte - wollte tatsächlich heute Nacht beobachten. Er hatte ein C9 dabei. Schließlich traf noch jemand mit dem gleichen Beobachtungsgerät ein und beide zogen sich zum Aufbau in die Schutzbauten zurück. Nach Sonnenuntergang war es immer noch unerträglich heiß. Das Thermometer zeigte noch 36 Grad Celsius an. Im Laufe der Nacht fielen die Temperaturen bis zur Morgendämmerung zwar auf 17 Grad Celsius ab. Aber bis ca. 5 Uhr blieben sie bei ca. 24 Grad Celsius sehr angenehm.

Die Sternwarte

Ich freundete mich schnell mit den beiden Neuankömmlingen an und baute meine "paar Sachen" in der Nähe der beiden außerhalb der Schutzhütte auf. Drinnen war es bis weit in die Morgenstunden - aus meiner Sicht - unangenehm warm, was sich vermutlich auch auf das schlechte weil ständig bewegende und nicht zur Ruhe kommende Jupiterscheibchen beim Betrachten durch das C9 bemerkbar machte. Dass Seeing war trotz der Temperaturen nicht schlecht, zumindest auf freiem Feld. Die Sterne schienen bis ca. 30 Grad über dem Horizont recht ruhig zu stehen und Jupiter bot bei Dämmerungsbeginn einen recht passablen Anblick im 3" Refraktor. Gegen 22 Uhr trafen dann weitere Autos ein. Unter anderem mit Mariano, dem Organisator der Starparty Astrobonilla. Sie fand vom 17.-24. August statt. Mariano erzählt einiges über die Veranstaltungen bis er mich schließlich fragte, woher ich käme. Als ich ihm erklärte, dass ich aus Deutschland käme, war ich erstaunt als er schließlich ins Deutsche wechselte. Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile und auch ein Freund, mit familiären Wurzeln in der Schweiz kam dazu. Wir verabredeten uns schließlich an den Bauten auf dem Hügel etwas später, wo ich dann auch mit einem der C9 Beobachter eintraf. Dort war ein 16" Meade Dobson aufgebaute und gerade M13 beobachtet. Ich verließ mit meinem Mitbeobachter schließlich nach ca. einer Stunde die Gruppe und kehrte an das C9 zurück wo ich an diesem Abend neben Jupiter und M22 zu sehen bekam. Mehr ging leider nicht, da ich mit meinem Feldstecher 10x50 und meinem 3" Refraktor und dem 2" 40mm Übersichtsokular in der Sommermilchstraße versank. Es sollte auch dieser Abend sein, wo das SQM-L sein First Light sehen sollte.

Ankunft am Mirador de las Estrellas

Beobachtungsbedingungungen

Lt. den Google Lichtverschmutzungslayer von Cinzano befindet sich Bonilla in der blau-grauen Zone, d.h. Lichtverschmutzung sollte ein Thema sein. Auch mein Beobachtungsort in Deutschland liegt in dieser Zone. Deshalb wollte ich zunächst nicht zu viel erwarten. Aber es kam ganz anders. Bereits vor der astronomischen Dämmerung erschien die Sommermilchstraße sehr rasch und war nach Einbruch der Dunkelheit von Horizont zu Horizont zu sehen. Vom Horizont bis etwa in 10 Grad Höhe war sie deutlich schwächer aber dennoch gut zu erkennen. Das SQM-L zeigte diese Nächte im Mittel im Zenit (Pagasus-Viereck) 21,6 und in Nächten bei schwacher Zirrusbewölkung 21,54 an. Richtung Süden ist der Himmel streulichtfrei. Im Nordwesten liegt Madrid und hier ist der Himmel aufgehellt bis ca. 30 Grad über dem Horizont. Im Osten ist Cuenca deutlich sichtbar, wenn auch begrenzter. Nach Mitternacht wird der Lichtdom deutlich kleiner. Im Süden sind bei ca. 45 Grad immer noch Werte von 21,54 mit dem SQM-L vorhanden. Im Norden, Osten und Westen aber lediglich ca. 21,45, also etwas weniger. Mithilfe des Karkoschkas ermittelte ich an einem Abend 6,7 mag visuelle Grenzgröße in der Nähe von Polaris, der aber hier nur ca. 40 Grad über dem Horizont steht. Der Himmel wird - zumindest in diesen Nächten zum Morgen hin besser. Die Transparenz nimmt deutlich zu. Das Morgenzodiakallicht ist eindruckvoll sichtbar, wenn auch nicht so deutlich wie auf La Palma. Der Himmel scheint visuell auch nicht so dunkel und so transparent zu sein. Mit Ausnahme der oft auch im Sommer in La Palma vorherrschenden Süd-Wetterlagen mit schlechter Transparenz, wo ein großer Unterschied dann nicht mehr besteht. M33 ist in Bonilla ab ca. 30 Grad indirekt sichtbar. Im Zenit ist M33 indirekt sehr leicht zu sehen. NGC 257 ebenso. Der Gegenschein war wegen Jupiter in Opposition nicht auszumachen, da das Himmelareal von Jupiter überstrahlt wurde. Am Morgen war dann aber die Lichtbrücke indirekt leicht auszumachen (SQM-L 21,6 (gemittelter Wert aus mehreren Messungen)). Im Feldstecher sind NGC 281 und der Pelikannebel zu erkennen. Tiefe Wolken sind aus Nordwesten kommend aber noch heller als der Nachthimmel. Ich schätze der Himmel hat Bortle 3, Welten von Bortle 5 meines Beobachtungsplatzes in Deutschland entfernt. Um so erstaunlicher ist die bereits oben erwähnte blaue Platzierung in den Cinzano Karten. Ich vermute zum einem die in Spanien bessere Transparenz des Himmels aufgrund der niedrigen Luftfeuchte, die aber noch mal deutlich gegenüber Standorten wie La Palma abfällt.

Tau war in diesen Tagen kein Thema. Max. wurden 60% rel. Luftfeuchte lt. meiner Wetterstation erreicht. In einer Nacht mit böigem Südwind waren es gar 25%. Da konnte ich auch meinen Feldstecher 10x50W ohne Probleme die ganze Nacht nutzen. An meinem Beobachtungsplatz in Deutschland ist dies in der Regel nach kurzer Beobachtung nicht möglich, da dann die Linsen bereits beschlagen.

Sonnenuntergang

Beobachtung

Zunächst standen ausgedehnte Beobachtungen mit dem bloßen Auge an. Dabei fiel mir beim Abfahren des Osthimmels ein zuvor nie gesehenes Objekt auf: NGC 752. Er ist etwas einfacher zu sehen als M33 obwohl er lt. Karkoschka die gleiche v-Helligkeit (Helligkeit bei visueller indirekter Beobachtung bei Nacht) bzw. Flächenhelligkeit wie letzteres hat (was wohl eher ein Fehler im Karkoschka sein dürfte). Im 10x50 Fernglas konnte ich erstmals zweifelsfrei den Pelikannebel beobachten, der im 3" Zoll Refraktor (Pentax SDHF 75) mit 2" 40mm XL sogar leicht zu sehen war. Im 10x50 konnte ich zudem beide Bögen des Zirrusnebels eindeutig erkennen. Den helleren Teil hatte ich sogar von meinem Beobachtungsplatz in Deutschland sehen können. Er war dort aber an der Wahrnehmungsgrenze. Der dunklere Teil war in Deutschland im 10x50 unbeobachtbar, hier aber indirekt schwach sichtbar. Weitere Objekte waren M31, wo beide Begleitgalaxien das Gesichtsfeld des Fernglases wie auch des 3 Zöllers eindruckvoll sichtbar wurden. In weiteren Beobachtungsnächten mit einer Gesamtbeobachtungszeit von ca. 25h wurde NGC 7000 länger studiert. Der OIII Filter erwies sich bei den meisten Objekten mit Ausnahme der schwierigen Teile des Zirrusnebel als nicht besonders hilfreich, da die meisten Objekte abgesehen vom höheren Kontrast kaum profitierten. Insbesondere der Vergleich des Anblicks im 10x50 und parallel im 3 Zöller bei 12facher Vergrößerung im erwähnten 40mm XL Okular war interessant. Während der Feldstecher einen schönen kontrastreichen Anblick bot, fielen im 3 Zöller sofort neben dem deutlich helleren Bild auch die Vielzahl schwacher Hintergrundsterne auf, die gegenüber dem Fernglas beim Blick durch den Pentax 75 auffielen. Am deutlichsten wurde der Vergleich bei NGC 247: Im Fernglas extrem schwach sichtbar und viel zunächst nur beim Durchschwenken des Himmelsareals als schwache geisterhafte Aufhellung auf. Im 3 Zöller bei 20 facher Vergrößerung war dies deutlich einfacher. Aber auch hier war lediglich ein schwacher Nebel ohne Struktur erkennbar. Direkt in der Nähe befindet sich NGC 253 und der Kugelsternhaufen NGC 288 südlich davon. Bei NGC 253 war ein dunkles Staubband sichtbar. Weitere Strukturen erschienen schwierig und unklar erkennbar. Überraschend einfach hingegen war NGC 288.

Fazit

Wer einen schnell erreichbaren Beobachtungsplatz in der Nähe von Madrid sucht, findet vermutlich hier den Besten. Im Winter kann es lt. Mariano aber bis zu -15 Grad Celsius geben. Dann soll die Durchsicht auch nochmal besser als im Sommer sein, was sich mit meiner Erfahrung in Spanien deckt. Der böige Wind ist aber mit den Schutzbauten kein Problem. Er ist auch meist das größte Hindernis in langen Nächten, wo er den Beobachter zermürben kann. Der Himmel ist darüber hinaus dunkel genug für anspruchsvolle Beobachtungen. Einen ähnlich dunklen Nachthimmel trifft man vermutlich in Deutschland kaum noch an.

Sonnenblumenfelder säumen den Beobachtungsplatz


[1] AAM, Agrupación Astronomica de Madrid Homepage der AAM
[2] Teleskoptreffen Astrobonilla, Webseite mit Veranstaltungskalender und Anmeldung (spanisch)